Pablo, zwei Deutsche und die Eintrittskartenkomödie – Teil 3
von CHRISTOPH WESEMANN
M., der andere Deutsche in Buenos Aires, mein Freund Pablo und ich werden am Mittwoch das Länderspiel von Argentinien gegen Trinidad und Tobago besuchen. Ganz sicher. Vielleicht. Wohl eher nicht. Also Pablo schon.
Wir erinnern uns: Im ersten Teil der Eintrittskartenkomödie waren M. und ich daran gescheitert, die Tickets zu besorgen. Im zweiten Teil hatte Pablo, der König des Einmaleins, horrende Forderungen gestellt. Und nun: eine unerwartete Wendung, die uns sagen will, dass bisher doch alles harmlos gewesen ist.
Wie schon im ersten Teil und zweiten Teil, wird auch diesmal über SMS, WhatsApp und Facebook-Chat kommuniziert. Pablo und M. kennen sich immer noch nicht. Zum besseren Verständnis sind die spanischen Sätze ins Deutsche übersetzt worden — es reicht ja, ganz genau, wenn die Akteure ein drittes Mal nicht miteinander klarkommen.
Montagnachmittag
ICH → M. Ich habe übrigens gestern Pablo getroffen und für uns 600 Peso bei ihm angezahlt. Nicht, dass er noch, weil das Spiel zufällig ausverkauft ist, unsere Karten auf dem Schwarzmarkt vertickt. Sie kosten aber nur 250 pro Person, nicht 350. Er wollte uns veräppeln.
M. → ICH Toll. Dann komme ich gleich vorbei und hole mein Kärtchen ab. Ich weiß nämlich noch nicht, ob wir uns am Mittwoch bei Dir treffen oder erst im Stadion.
ICH → M. Die Karten habe ich noch nicht.
M. → ICH DU HAST IHN BEZAHLT, UND DU HAST KEINE TICKETS? Darauf einen Fernet-Cola. Oder drei. Schwester, reich mir mein Tagebuch…
ICH → M. Hör auf, ich kenne Pablo schon lange, und außerdem hat er mir seine Hand drauf gegeben.
M. → ICH Ach, das beruhigt mich jetzt total. Der Argentinische Handschlag, schon viel von gehört. Weltberühmt! Der Handschlag, mit dem man ein Geschäft besiegelt und der mehr wert ist als jeder Vertrag – eine argentinische Erfindung, ja, jetzt, wo Du’s sagst. Wissen das die hanseatischen Kaufleute eigentlich schon?
ICH → M. Hab’ doch ein bisschen Vertrauen, alemán.
M. → ICH Jeder argentinische Taxifahrer sagt Dir ungefragt: »Dieses Land ist voller Diebe.« Und gleich darauf fährt er mit Dir einen hübschen Umweg.
ICH → M. Am Freitag habe ich zum ersten Mal mit Ecuadorianern Fußball gespielt. Stell Dir vor: Keiner flucht, niemand beschimpft den anderen, und der Einzige, der sich für Diego Maradona gehalten hat, war ich. Fürchterlich.
M. → ICH Ecuadorianer mögen’s sowieso eher gemütlich. Ihr einziger Olympiasieger war ein Geher. Atlanta 1996.
ICH → PABLO Hallo mein Bruder, wie geht’s? M. hat Angst, dass Du uns die Karten nicht geben wirst. Feste Umarmung.
PABLO → ICH Deutsche, hahahaha. Sehr feste Umarmung, Bruder.
ICH → PABLO Ein Schwachkopf. Er trinkt weder Mate noch Quilmes.
PABLO → ICH Mit so einem gehe ich ins Stadion?
ICH → PABLO Ich habe ja auch mit Ecuadorianern gekickt.
PABLO → ICH Oh Gott, die spielen wie Mädchen einer katholischen Schule. Und fluchen können die auch nicht, oder?
ICH → PABLO Schick mir mal ein Foto von den Karten, dann kann ich ihn beruhigen.
PABLO → ICH Welche Karten?
ICH → PABLO Sehr witzig.
PABLO → ICH Du bist wirklich der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der einem Argentinier Geld gibt, ohne von ihm die Ware zu fordern. Nicht der andere Deutsche ist also schwachköpfig.
Kurz vor Mitternacht
PABLO → ICH Kannst Du das glauben? Ich habe meine Kreditkarte weggeworfen, die, mit der ich online unsere Eintrittskarten bestellt hatte. Jetzt weiß ich leider nicht, wie ich an die Tickets kommen soll. Keine Ahnung, ob sie mir die aushändigen werden. Willst Du wissen, was passiert ist? Also, ich hatte die Karten ja mit meiner Visa bezahlt, und weil der Magnetstreifen schon ein bisschen kaputt war, habe ich eine neue angefordert. Als ich die neue Visa dann hatte, habe ich die alte weggeschmissen!!!! Hahahaha. Ich schwöre Dir, es stimmt. Also habe ich jetzt keine Karte, die ich vorzeigen kann, wenn ich unsere Tickets abhole. Aber, bleib ganz ruhig. Ich glaube, ich wiederhole: ich glaube, dass ich das Problem lösen werde. Hahahaha.
ICH → PABLO Ich habe keine Ahnung, wie ich das unserem deutschen Freund beibringen soll. Und meinem Sohn, dem größten Messi-Fan Argentiniens.
PABLO → ICH Das ist Argentinien.
VORHANG
Pablo, zwei Deutsche und die Eintrittskartenkomödie – Epilog « ARGENTINISCHES TAGEBUCH
4. Juni 2014 @ 12:43
[…] Pablo hat die Karten gekauft, aber danach seine Visa weggeworfen, weshalb er die Karten eigentlich d… […]