Logo des WM-Tagebuchs - Zeichung: Danü (Daniel Schlierenzauer)

Glückwunsch, mein Lieber,

Deine Argentinier haben es tatsächlich ins Achtelfinale geschafft. Damit war nicht unbedingt zu rechnen – bei dieser hammerstarken Gruppe, in die Euch die Fifa, nun ja, angeblich gelost hat. Eure Gegner haben es verdient, gewürdigt zu werden.

Iran: laaaaaaaaaange Fußballtradition; man kann die Bolzplätze in und um Teheran kaum noch zählen.

Bosnien: alle Ex-Jugos können bekanntlich kicken.

Nigeria: sowieso schwer im Kommen, der schwarze Kontinent.

Aber eine Frage, amigo: Was habt Ihr denn für einen Trainer? Hat der schon mal was von einem Friseur gehört? Weiß der, dass es auch kürzere Krawatten gibt? Und Kollegen, erfolgreichere als er, die gar keine tragen?

Alejandro Sabella Telam

Argentiniens Nationaltrainer Alejandro Sabella                           Foto: Télam

Ihr müsst wahrscheinlich Belgien schlagen. Die zeigen in der ersten Halbzeit oft gar nix, geraten sogar manchmal absichtlich – wie gegen Algerien – in Rückstand, um dann souverän 2:1 zu gewinnen. So spielen Spitzenteams! Vorsicht! Ihr Argentinier neigt ja angeblich mitunter zum Größenwahn.

Wieso kümmert sich nicht Diego Maradona um die Mannschaft? Von der WM 2010 in Südafrika ist ja kaum mehr übriggeblieben als Euer ewiger Held auf der Trainerbank; der hellgraue, glänzende Anzug; die farblich darauf abgestimmte Krawatte, die – wie mir erst jetzt auffällt – ebenfalls ein bisschen phallisch gebunden war; und der Vollbart, natürlich ergraut. Ton in Ton, sagt man wohl. Vor allem aber trug Diego zwei Uhren! Und da heißt es immer, Pünktlichkeit werde in Argentinien als Unhöflichkeit betrachtet.

Unvergessen auch, wie Euer Dickerchen nach einem Freundschaftsspiel unseren Thomas Müller für einen Balljungen hielt und dessen Rauswurf aus der Pressekonferenz forderte. So eine Verwechslung kann passieren. Erstens hatte Müller nur 70 Minuten gespielt, und zweitens sehen für Argentinier sowieso alle Deutschen gleich aus.

 

Übrigens habe ich mich richtig erschrocken, als Diego gegen Iran auf der Stadionleinwand eingeblendet wurde: schwarzer Kapuzenpulli, wie ihn die Autonomen bei uns in Kreuzberg beim Tanz in den Mai tragen, schwarze Sonnenbrille, abgemagert, eine junge Frau im Arm (wahrscheinlich deshalb abgemagert), griesgrämig wie unser Ruuuuuuuuuuuuudiiiiiii damals auf Island.

 

Diego hat schon mal besser ausgesehen, meine ich. (Noch häufiger sah er natürlich viel, viel, viel, viel, viel, viel, viel schlechter aus, wie erinnern uns gut.) Jedenfalls verließ er das Stadion vor dem Abpfiff, und prompt erzielte Lionel Messi mit einem Traumtor das 1:0.

In der Nachspielzeit!

Gegen Iran!

Laaaaaaaaaaaange Fußballtradition!

Irgendein unbedeutender Fußballfunktionär (82) konstruierte dann noch einen Zusammenhang und faselte etwas von: »Der Pechvogel war weg, und wir haben gewonnen, die Hure, die ihn geboren hat!« Und Diego knurrte »armer Narr« zurück, rempelte verbal ein bisschen gegen die Fifa und streckte seinen Mittelfinger aus.

 

Also, Umgangsformen habt Ihr bei Euch da unten, Mann oh Mann! Unser Jogi ist uns ja schon unheimlich, wenn er mal aufstampft.

Abrazo fuerte desde Berlin!1

PS: Spaniens Nationaltrainer Vicente del Bosque will allen Ernstes weitermachen. Da war ja König Juan Carlos einsichtiger.

  1. Feste Umarmung aus Berlin []