Logo des WM-Tagebuchs - Zeichung: Danü (Daniel Schlierenzauer)

Wenn ich jetzt, vier Stunden nach dem Abpfiff, gefragt würde, was mir von dieser Weltmeisterschaft in Erinnerung bliebe, wäre es ein Foto. Ein Foto, das an 1954 denken lässt, als sich die Deutschen in Kneipen und davor versammelten, um gemeinsam das Finale gegen Ungarn zu gucken. So war es gestern Nachmittag auch in Buenos Aires. Schon zwei Stunden vor dem Spiel gab es in den Restaurants, Bars und Cafés keine freien Plätze mehr – und wenn die argentinische Hauptstadt von irgendetwas genug hat, dann sind es Restaurants, Bars und Cafés. Die Leute standen draußen, eine Traube von Menschen, die versuchten, etwas von diesem Finale gegen Alemania zu sehen.

Finale im Café

»Es ist noch nie so leicht gewesen wie dieses Mal, eine Weltmeisterschaft zu gewinnen«, hatte mir vor zwei Wochen ein Argentinier gesagt. Er hatte wohl recht: Spanien, Italien und Brasilien, drei glorreiche Fußballnationen, drei schlechte Mannschaften. Wahrscheinlich hat es noch nie eine brasilianische Auswahl gegeben wie diese von 2014: technisch unbegabt, ideenlos, nur auf Körperlichkeit setzend. Aus Afrika und Asien kam gar nichts. Selbst Holland, der Halbfinalist, spielte im Grunde biedersten Betonfußball.

Gewiss, auch Argentinien hat selten – wahrscheinlich bis gestern Abend: gar nicht – geglänzt. Aber diese Mannschaft hatte Charakter. Und Würde. Die Leute im Land spürten: Sie kann nicht immer, wie sie will. Argentinien hat keine goldene Fußballgeneration wie Deutschland, ist aber als Team wohl noch nie so stark aufgetreten wie 2014. Es war gerade nicht der Zirkus Messi, der in Brasilien gastierte. Der Kapitän hatte natürlich auch nicht die Form, um den Soloartisten zu geben.

Deutschland war die beste Mannschaft. Die tollen Spiele sind ihr freilich auch nur gegen unterirdische Gegner – erst Portugal, dann Brasilien – gelungen. Argentinien hätte es verdient gehabt, das Finale zu gewinnen. Nicht das Turnier. Aber die 120 Minuten von Río de Janeiro. Es ist schade, dass die Spieler diese vielleicht einmalige Chance nicht genutzt haben.