Montevideo/Uruguay ♦ Ein eiskalter Wintermorgen. Der Deutsche, drei Kinder, eine Frau. Alle schlafen noch. Es ist 5.40 Uhr. Der Wecker klingelt.

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ERSTE SZENE

DER DEUTSCHE. (stöhnend) Scheiße. (steht auf, kocht eine Kanne Kaffee, schmiert Frühstücksbrote und geht durch die Wohnung) Scheiße. Wo sind die denn? (geht zur Waschmaschine und zieht nasse Kleidungsstücke heraus) So eine Scheiße! Wie konnte ich das vergessen? Sie bringt mich um. (trinkt einen Schluck Kaffee, öffnet den Backofen, macht mit einem Streichholz Feuer, schließt die Tür und hängt die Schuluniformen der beiden Töchter von außen an den heißen Backofen) Perfekt.

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ZWEITE SZENE

6.45 Uhr. Eine noch dunkle Stadt. 6 Grad. Atemwolken. Der Deutsche geht vor einer Tiefgarage auf und ab. Er wählt eine Telefonnummer, abgespeichert unter »Der Batterieaustauscher«. Es klingelt.

DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Hallo. (im Hintergrund Radiostimmen)
DER DEUTSCHE. Morgen.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Ich bin fast da. Noch acht Blocks.
DER DEUTSCHE. Wir haben doch gesagt: halb sieben.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. (dreht das Radio leise) Ja.
DER DEUTSCHE. Hmmh.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Hmmh. (legt auf)
DER DEUTSCHE. Hmmh.

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DRITTE SZENE

Der Batterieaustauscher, vielleicht Mitte fünfzig, fährt in die Tiefgarage, parkt seinen Pickup, steigt aus, grüßt, geht zur Motorhaube und wartet. Der Deutsche öffnet mit der Fernbedienung die Autotür. Der Alarm geht an, und der Deutsche sucht tastend etwas im Inneren des Wagens.

DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Ich mach das schon. (greift den Hebel und entriegelt die Motorhaube)
DER DEUTSCHE. (schreit) Hört der Alarm auch wieder auf?
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Ja, gleich.

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VIERTE SZENE

Der Batterieaustauscher schraubt, der Deutsche steht daneben und guckt zu.

DER BATTERIEAUSTAUSCHER. So einfach, wie ich dachte, ist es nicht.
DER DEUTSCHE. Gestern habe ich den tropfenden Schlauch vom Waschbecken im Bad ausgewechselt. Leider wollte ich noch den Abfluss reinigen und habe das Rohr abgeschraubt. Am Ende tropfte es da.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Und dann?
DER DEUTSCHE. Dann habe ich das Waschbecken abgebaut und einen Stapel Handtücher über den Krater gelegt. Wir haben zum Glück zwei Becken. Und wenn wir irgendwann ausziehen, baue ich das alte wieder an.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Mit dem kaputten Abflussrohr.
DER DEUTSCHE. Natürlich.


DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Fertig. Hast du den Schlüssel?
DER DEUTSCHE. (reicht den Schlüssel) Ich finde es ein bisschen seltsam, dass die Batterie schon tot ist. Das Auto ist erst zwei Jahre alt.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. (richtet sich über dem Motorraum auf, schaut ins Nichts) Die Sache ist: Autobatterien haben kein Mindesthaltbarkeitsdatum.
DER DEUTSCHE. Aha.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Weißt du, die sind wie wir Menschen. Wir werden geboren und wissen auch nicht, wann es zu Ende geht.

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FÜNFTE SZENE

Zehn nach sieben. Der Batterieaustauscher schreibt die Rechnung, bricht ab und greift zum Telefon. Auf dem Display leuchtet »Mi amor«, Kurzwahltaste 2. Er tippt ein Sternchen und 653 und lässt sich Zahlen durchgeben. Der Deutsche unterschreibt die Rechnung und zahlt.

DER BATTERIEAUSTAUSCHER. (streckt die Hand aus) War mir eine Freude.
DER DEUTSCHE. Mir auch. Danke. Hoffentlich sehen wir uns so bald nicht wieder.
DER BATTERIEAUSTAUSCHER. Höchstens auf einer fiesta. Mach’s gut! (fährt ab)

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SECHSTE SZENE

7.20 Uhr. Frau und drei Kinder im Aufbruch. Die Töchter tragen ihre Schuluniformen. Der Deutsche übergibt den Autoschlüssel.

FRAU. Und?
DER DEUTSCHE. Ein Riesentyp, mi amor! Sensationell!
FRAU. Ich wusste schon, warum ich dich das machen lasse. Du kommst ja mit solchen Leuten immer wunderbar klar. (zu den Kindern) Sagt Papa Tschüss!
KIND 1. Tschüss.
KIND 2. Tschüss.
KIND 3. Chau, Papa.
DER DEUTSCHE. Und so weise. Ein Philosoph. Er hat zum Beispiel gesagt, dass der Mensch wie eine …
FRAU. Vergiss nicht, den Backofen auszumachen. (alle ab)

VORHANG.