Zurück in der Wildnis
von CHRISTOPH WESEMANN
Endlich lebe ich in Buenos Aires nicht mehr nur wie ein Student1, sondern bin’s auch wieder. Das Studium war ja sowieso die wildeste Zeit, ach, was haben wir, also speziell ich, damals Party … und die Weiber erst, sag ich euch … Menschmenschmensch … ja, nicht immer, nicht jeden Tag und nicht jede Woche, aber schon relativ oft. Wie gesagt: Wild war’s.
Sportmarketing: der Fall Boca Juniors heißt der Kurs, den ich an der Universität von Palermo belegt habe. Dienstags, 19 bis 22 Uhr, Ecke Larrea und Santa Fe, Raum 5.5. Ja, nur ein Kurs, aber ich muss ja der akademischen Welt auch nichts mehr beweisen, ich habe schließlich schon ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
Wenn man aus dem Fahrstuhl steigt, ist das Erste, das man sieht, ein Plakat: Andrew Grove, der Mitbegründer von Intel, spricht sein weltberühmtes (und mir bisher selbstverständlich unbekanntes) Zitat:
Sólo el paranoico sobrevive. – Nur der Paranoide überlebt.
In solch einem intellektuellen Zirkel braucht jemand wie ich nur wenige Augenblicke, um sich heimisch und endlich auch mal verstanden zu fühlen. Ja, in der Pause reden wir Jungs natürlich über Fußball. Aber das ist doch nur ein kurzes Dahingleiten vor dem nächsten Höhenflug des Geistes. Ich bin guter Dinge, dass das alles auch meinem Œuvre dienen und das Niveau dieses Blogs heben wird.
Gestern Abend gegen halb neun habe ich gleich mal den Professor ordentlich hängen lassen.
»Habt ihr das verstanden? Nein? Okay, versuchen wir es mit einem Beispiel. Ich frage, ach, ich frage unseren deutschen Freund. Christoph, trinkst du nur Bier oder auch mal Mate?«
»Aber hallo!«
»Nenn mir doch mal drei Hersteller von Yerba-Kraut.«
»Taragüi.«
»Eins.«
»Äh, also Taragüi. Dann gibt es noch CBirgendwas …«
»Das ist eine Bank.«
»Ähm, ich meine, so eine rote Tüte.«
»Danke, Christoph. Nehmen wir ein anderes Beispiel, und ich frage mal Jorge.«
(Fortsetzung folgt)
- der dem Klischee entspricht [↩]
Albraum 5.5 « ARGENTINISCHES TAGEBUCH
28. Mai 2014 @ 07:18
[…] im falschen Kurs sitze. Ich studiere an der Universität von Palermo jetzt doch nicht Sportmarketing am Beispiel des Fußballklubs Boca Juniors, sondern Marketing. Reines Marketing, sozusagen. Vielleicht hätte ich schon früher stutzig werden […]