Woran Sie erkennen, dass es bald Sommer wird in Buenos Aires
von CHRISTOPH WESEMANN
&Wetteraussichten für die nächsten sieben Tage: 32, 27, 30, 30, 32, 27, 31
1. In die Subte, die sehr alte U-Bahn der Hauptstadt, nehmen Sie ein Handtuch mit. Nach zehn Minuten steigen Sie aus und springen in den erstbesten Brunnen. Diese Prozedur wiederholen Sie noch zweimal. Beim dritten Mal erkundigen Sie sich bei den anderen Passagieren, wann der letzte Aufguss war.
2. Als Mann tragen Sie Ihr Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknöpft. Sie sind Gouverneur einer argentinischen Provinz oder ein anderes ehrenwertes hochrangiges Mitglied der Gesellschaft? Egal.
3. Im Mitteilungsheft Ihres sechsjährigen Sohnes hat die Klassenlehrerin eine Notiz hinterlassen: »Badehose, Handtuch, Sonnencreme, Schirmmütze und Sandalen.« Die Nachfrage beim Kind ergibt, dass die Klasse nachmittags auf dem Schulhof mit dem Schlauch abgespritzt wird.
4. Ihre Kinder baden abends fast freiwillig. Ihr Protest ist jedenfalls harmlos – freilich nicht aus Einsicht in die gerade jetzt geforderte körperliche Hygiene. Es ist pure Schwäche am Ende eines heißen Tages.
5. Ihr Eis schmilzt schon, bevor Sie es bestellt haben.
6. Sie sind jung und inkontinent. Die einzig andere Erklärung: Selbst im Intimbereich schwitzen Sie jetzt tierisch. Ist Ihnen das angenehmer?
7. Nein, das sind nicht die Tränen der Trauernden, die ihnen auf den Kopf regnen. Das sind die tropfenden Klimaanlagen an den Hauswänden.
8. Sie sind süchtig nach dem deutschen Wetterbericht. »Zwei Grad minus in Berlin« – aaaaaaaaah! »Überfrierende Nässe in Oberbayern« – ooooooooh! »Eisregen in Köln« – mmmmmmmh!
9. Sie wollen dauernd eiskalt duschen. Vergessen Sie’s! Kühler als auf Willy-Brandt-Temperatur kriegen Sie das Wasser nicht. Und wenn Sie das Shampoo auf die Kopfhaut bringen, ist Ihr Haar schon wieder getrocknet.
10. Sie sind ein Mann und haben keine Lust auf Fleisch. (Warnung für sie – er meint: von Tieren.)
11. Sie sind eine Frau und haben Lust auf Fleisch. (Hinweis für ihn – sie meint nicht: von Tieren.)
12. Sie haben sich die ersten Wochen nach der Ankunft in Buenos Aires oft gefragt, was die Badewanne in all den Büros soll. Sie fragen sich das jetzt nicht mehr. Sie liegen drin.
13. Sie erwägen, die Weihnachtsplätzchen direkt auf der Terrasse zu backen.
14. Ihr freundlicher Kolumnist trägt seit eineinhalb Jahren ganzkörperschwarz. Der Trick der alten und dicken Männer. Er ist gerade sehr verzweifelt.
15. Ihr Sohn tritt in neun Tagen seine dreimonatigen Sommerferien an.
Manuel P
6. Dezember 2012 @ 05:58
Ich würde Dir empfehlen, zu Feldstudien in die wunderschöne Küstenstadt Mar del Plata zu fahren. Dorthin zieht nämlich ein Großteil der Porteños kollektiv um, wenn es in der Hauptstadt unerträglich heiß wird. Es ist dort zwar weder schöner, noch weniger heiß. Aber immerhin kann man sich im Meer abkühlen und ein bißchen das Rimini-Feeling zusammen mit den 3 Mio. anderen Badegästen genießen…
Grüße aus dem winterlich-verschneiten Rostock!