Hoppla, heute ist ja Unabhängigkeitstag.

Achtung: Wenn Sie sich halbwegs in der lateinamerikanischen Geschichte auskennen, überspringen Sie den nächsten Absatz, bitte. Es folgt die Befreiung von den bösen Kolonialherren im Schnelldurchlauf.

Die Versammlung von Tucumán erklärte am 9. Juli 1816 die Unabhängigkeit der Vereinigten Provinzen am Río de la Plata von Spanien. Schon am 25. Mai 1810 hatten die städtischen Patrizier den Vizekönig des Vizekönigreiches des Río de la Plata ab- und einen Regierungsrat eingesetzt. Argentinien hat deshalb zwei Nationalfeiertage: den Tag der Revolution am 25. Mai und den Tag der Unabhängigkeit am 9. Juli.

Wenn in der Stadt nicht Zehntausende Fahnen hingen, gerne auch zwanzig an einem Hotel, hätte ich es vielleicht vergessen. Es ist ein bisschen schwierig, am Automaten Pesos zu bekommen, aber Fahnen gibt es reichlich. Okay, Banken und Bankautomaten auch, aber eben ohne Geld.

Ich habe mir gerade La Boca angeschaut, das berühmte Viertel im Osten. »Fahren doch nur Touristen hin und lassen sich beklauen. Palermo ist viel schöner«, sagt der Kioskbesitzer, ist natürlich aus Palermo und hat natürlich Recht. Die berühmte Straße El Caminito ist eine Flaniermeile mit Gedränge, Gedröhne, Gefälschtem – im Augenblick, wir haben ja Winter, gerade noch erträglich. Doch das, was dieses Viertel ausmacht, ist für Touristen unerreichbar weit weg (also eine Seitenstraße). Buenos Aires wäre ohne La Boca eine andere Stadt. Die Argentinier und erst recht die Bürger der Hauptstadt, die Porteños, sagt ein Sprichwort, stammten nicht von den Affen ab, sondern von Schiffen. In La Boca kamen sie an – Italiener, Spanier, auch Deutsche.

Der Journalist Jakob Strobel y Serra nennt in seinem »Reiselesebuch« La Boca das »eigenartigste Viertel von Buenos Aires« und beschreibt es so:

Treibgut und Kloake der Stadtgeschichte, zusammengehämmert aus den Wellblechbehausungen der einstigen Hafenarbeiter, bunt bemalt mit den Resten der Schiffslacke, hingehauen an die Ufer eines stinkenden Hafenbeckens voller Schiffsleichen.

Noch immer ist dies einer der ärmsten Flecken der Stadt, ein Ort, den man besser meidet, wenn’s dunkel geworden ist.

Ach ja, der letzte Vizekönig war Baltasar Hidalgo de Cisneros y la Torre. Wollen wir uns den Namen merken?