Stiere, eine Ente, meine Oma und ihr Einkaufsnetz
von MARC KOCH (Gastbeitrag)
Ich bin ja eher so der Typ Stadtaffe – ich verdiene nur nicht genug Bana-na-na. Ha-ha-ha! Das platte Land ist mir eher fremd: Da liegt immer das Laub so unordentlich rum, man beschmutzt sich entsetzlich schnell, und der HErr hat dort Tiere werden lassen, die man einfach nicht braucht …
Andererseits ist CW, der große alte Mann unter den Blogherausgebern, im komplett unverdienten Urlaub. Die Sekretärin hat sich krank gemeldet – sie hat schönes Wetter. Der neue Praktikant lümmelt mit einer Volontärin von der Konkurrenz rum. Und ich muss meiner ebenso ehrenwerten wie schlecht bezahlten Rolle als Chefreporter gerecht werden. Also mal einen auf Argentinier gemacht, gezogen und aus der Hüfte geschossen – und nach La Rural gegangen!
La Rural, das ist die jährliche Leistungsshow des Campo mitten in der Hauptstadt: Campo nennt der Argentinier alles, was mit der Bewirtschaftung dieses unendlich weiten Feldes … sorry, Günter G. … äh: Landes zu tun hat: Wenn der Argentinier was richtig gut kann, dann sind das Ackerbau und Viehzucht: Da ist er Bauer, da darf er’s sein (wenn Monsanto ihn denn lässt!). Veranstaltet wird La Rural von der Sociedad Rural Argentina. Das klingt nicht nur nach den handballgroßen Eiern eines schwarzen Pampa-Stieres
– das ist auch so: Das Campo vertritt robust-gemütliche Auffassungen von traditionellen Werten wie Familie, Frauen, Tiere und Steuern. Seit 2008 gehört es zum guten Ton, La Rural mit einer Regierungsbeschimpfung zu beginnen.
Aba ick schweife ab.
Also, viel Geld
gezahlt und rein in die Hallen. Erster Eindruck: Riecht streng! Zweiter Eindruck: Wow! Denn da steht überall mein Lieblingsessen rum!!! Und wenn Sägespäne auf meinem Essen sind, werden sie weggeblasen
Danach kommen Lederstiefel, Silberkram
und Mate-Orgien
und natürlich Reitgerten… – so Gaucho-Folklore halt (Jaja, getanzt wird auch. Aber aufrecht. Echt jetzt!). Nett. Aber nichts gegen diese Geräte, die sogar aus Starship Troopers einen guten Film machen würden
Und dann: Ent!dec!ke! ich meinen neuen Lieblingssport!!! Wir sprachen ja schon darüber, dass argentinischer Fußball in der Liga, die jetzt wieder beginnt … naja … also. Ne?! Und da sehe ich auf der Freifläche von La Rural doch drei Jungs auf drei Pferden. In Blau. Und nochmal solche. In Gelb. Zwischen denen ein Ball, den jemand in ein Korbgeflecht gezwungen hat, und der jetzt Griffe hat. Der muss in etwas, was aussieht wie das Einkaufsnetz meiner Oma, auf einen Stahlring aufgezogen. Das Runde muss ins Runde, sozusagen. Geiles Spiel, jedenfalls. Ist seit 1953 argentinischer Nationalsport. Heißt Pato. Pato bedeutet Ente. Denn früher war der Ball eine Ente. Nur ohne Griffe.
Meine Gattin sagt, die Spieler sähen jasowasvontollaus. UndwiedieihrePferdebeherrschen. Undwiesuperdie … Schnauze, Süße!
Am Ende haben die Blauen 5:4 gegen die Gelben gewonnen. Oder so. Wenn hier wieder die Liga ausbricht und CW mich nach (setzen Sie hier Ihren argentinischen Lieblingsclub ein) mitnehmen will – gehe ich zum Pato. Denn eine Regel beim Pato sagt: Ein Tor darf erst gemacht werden, wenn das Team vorher sieben komplette Pässe gespielt hat. Nacheinander!
Und sowas kommt in der argentinischen Primera Divisón ja eher selten vor.