Argentinien hat vier Nationalheilige. Vielleicht sind’s einige oder sogar viele mehr. Nun habe ich aber meinen Freund Danü gebeten, mir fürs Argentinische Tagebuch die Nationalheiligen zu zeichnen. Und weil Danü noch ein Leben neben der Kunst hat, sind es nun vier. Danü meint: reicht auch.
(Wenn Sie Danü reich und berühmt machen wollen, schreiben Sie mir. Ihr Auftrag landet dann bei ihm.)
Carlos Gardel, Tangosänger: Tag und Ort seiner Geburt sind unklar, vielleicht ist es der 11. Dezember 1890 in Toulouse, also Frankreich, vielleicht aber auch der 11. Dezember 1887 in Tacuarembó, also Uruguay. Der Irgendwann-und-irgendwo-Geschlüpfte sagt später selbst: »Ich bin in Buenos Aires, Argentinien, geboren – im Alter von zweieinhalb Jahren.« Ein Einwanderer also, der wieder auswandern muss, um in der Heimat etwas zu gelten – ein argentinisches Phänomen. Auf Tourneen durch Europa und Amerika wird er zum Star. Stirbt schon 1935 – natürlich auswärts, bei einem Flugzeugunglück in Kolumbien. Die Unesco erklärt 2003 Gardels Originalaufnahmen zum Weltdokumentenerbe.
Das sagt der Argentinier: »Cada día canta mejor.« – »Jeden Tag singt er besser.«
Diego Armando Maradona, Fußballer: Volksheld wird man in Argentinien erst als Toter. Oder man heißt Diego Armando Maradona. Von den Ärmsten auferstanden und zum größten Fußballer seiner Zeit geworden, dann tief gefallen, zwischendurch halbtot gewesen, wieder auferstanden. Wird, so viel ist klar, irgendwann wieder fallen. Diego, der Goldjunge, ist halt wie sein Land.
Ernesto Che Guevara, Revolutionär und Posterboy: Noch ein Argentinier, der – um daheim anerkannt zu werden – ins Ausland gehen muss; rockt als Mitglied von M-26-7, der legendären Combo um Bandleader Fídel Castro, drei Jahre Kuba (1956-1959); kann an diesen Erfolg später nie wieder anknüpfen. Zwei Solotourneen durch den Kongo (1965) und Bolivien (1967) floppen. Stirbt mutmaßlich zufriedener als Simón Bolívar, der andere große Befreier Südamerikas (Tournee: Venezuela, Kolumbien, Panamá, Ecuador, Peru und Bolivien). Der soll kurz vor dem Tod seinem Arzt ins Ohr geflüstert haben: »Jesus Christus, Don Quijote und ich, wir waren die drei größten Dummköpfe der Geschichte.«
Evita Peron, Mutter der Nation: »Evita zu berühren war für viele Leute, wie den Himmel zu berühren«, schreibt Tomás Eloy Martínez in seinem Roman »Santa Evita« und nennt sie den »Robin Hood der Vierzigerjahre«. Evita knöpft den Reichen das Geld ab und schenkt es den descamisados, den Hemdlosen, den Zuwanderern, verschafft ihrem Mann Juan Perón so eine riesige Wählerschaft und wird selbst zur heimlichen Präsidentin des Landes. Ohne Evita kein Peronismus. Als Evita stirbt, stirbt Argentinien für hundert Tage mit. Drei Jahre bleibt ihr einbalsamierter Leichnam im Gebäude der Gewerkschaft CGT in der Calle Azopardo 802 aufgebahrt.