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Wir sind unzähmbare Argentinier: das Lied „Somos de acá“

von CHRISTOPH WESEMANN

Mein Freund Pablo sagt, ich soll dieses Lied, das fünf Gänsehäute übereinander schichtet, so erklären: »Uns Argentiniern ist alles komplett egal. Außer Fußball und Religion. Aber die Religion auch erst, seit Jorge Bergoglio Papst ist.«

Somos de acá 2

Somos de acá 3

Somos de acá 4

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Es ist eine viereinhalbminütige Reise durch Argentinien, auf die uns die Rockgruppe Yeims Bondi mitnimmt. Wir hören eine grandiose Liebeserklärung an Land und Leute, großkotzig bis narzisstisch, zugleich aber schwer selbstironisch, weil Argentinien und Argentiniern ja auch allerlei misslungen ist über die Zeit und allerlei weiter misslingen wird. Große Ereignisse, hübsche Menschen, viele Idole, nicht weniger boludos1 und ein paar richtige Verbrecher werden uns im offiziellen Video begegnen. Genau hingucken, bitte!

Anschnallen, señoras y señores: »Somos de acá« (Wir sind von hier) von Yeims Bondi:

Am Ende klingt dann noch all die Widersprüchlichkeit an, die manches zur Faszination Argentiniens beiträgt. Man ist einerseits sehr patriotisch, kann sich aber auch entsetzlich aufregen über sein Land. Schuld sind natürlich immer die anderen. Diebe und Gauner aller Art, die keine Grenzen kennen, haben dieses wunderbare Land heruntergewirtschaftet, ganz klar. Man selbst schmeißt seinen Müll natürlich auf die Straße und geht bei Rot über die Ampel, hält sich auch sonst an kein Gebot und wählt grundsätzlich den, der das Meiste verspricht.

Argentinien, heißt es im Lied, ist die Titanic, die so oft untergegangen ist und auf einmal wieder auftaucht, außerdem ein Witz, den man nicht ganz versteht, über den man aber trotzdem lacht. Weil man sonst weinen würde.

Ich habe den Text des Liedes übersetzt. Kritik, Hinweise und Vorschläge − her damit!

 
Somos de acá Wir sind von hier
Somos una charla
en el café de cada esquina.
Somos ese mate
compartido en la cocina.
Somos cantautores
en la ducha, en la cancha
y en el bar.
Somos de acá.
Wir sind ein Gespräch
im Café an jeder Straßenecke
Wir sind dieser Mate,
der in der Küche geteilt wird.
Wir sind Liedermacher
unter der Dusche, im Stadion
und in der Bar.
Wir sind von hier.
Somos el país
de las 13 maravillas.

Somos ese country
justo al lado de la villa.

Somos una infancia
de pelota y figuritas
y algo más.

Somos de acá.
Wir sind das Land
der 13 Wunderwerke.

Wir sind die Luxussiedlung
genau neben dem Elendsviertel.

Wir sind eine Fußball-und-
Sammelbilder-Kindheit
und noch mehr.

Wir sind von hier.
Si nos visitas
te enamorarás
de nuestro chamuyo
industria nacional.

Y si sos varón,
andá con precaución:
las minas de acá
explotan de verdad.
Wenn du uns besuchst,
wirst du dich verlieben
in unser Gelaber
made in Argentina.

Und wenn du ein Junge bist,
sei immer schön vorsichtig:
Unsere Bomben2
explodieren wirklich.
Si naciste acá
y cruzaste el mar
como en aquel tango
siempre volverás.
Y yo que en mi piel
llevo tu piel porque aprendía crecer acá
ya no me voy más.

Yo soy de acá.
Wenn du hier geboren
und dann ausgewandert bist,
wirst du wie in diesem Tango
immer zurückkommen.
Und ich, der auf meiner Haut
deine Haut trägt, weil ich weiß,
hier klarzukommen,
Ich werde nicht wieder abhauen.

Ich bin von hier.
Somos un buen polvo
y el asado con amigos.

Si la vida miente
le cantamos falta envido.

Y si el río se llevó la plata,
nos vamos a cartonear

A orillas del mar.
Wir sind ein guter Fick
und das Grillen mit Freunden.

Wenn das Leben lügt,
singen wir ihm falta envido.

Und wenn der Fluss das Geld weggespült hat,
ziehen wir los zum Müllsammeln an den Stränden des Meeres.
Somos de acá,
somos de acá.

Somos argentinos
sin domesticar.

Somos la soberbia,
y la chispa genial,

la bandera desteñida
de los locos sin atar.
Wir sind von hier.
Wir sind von hier.

Wir sind Argentinier,
nicht zu zähmen.

Wir sind der Hochmut
und der geniale Mutterwitz,

die ausgeblichene Fahne
der absolut Bekloppten.

 

 

 

Villa 31, eines der großen Elendsviertel der Hauptstadt

> Argentinisch: das Elendsviertel (hier Villa 31) in bester Lage

Eine Leidenschaft argentinischer Kinder: figuritas, die Sammelbilder.

>Eine Leidenschaft der Kinder: las figuritas, die Sammelbilder

Y le damos palos
a la argentinidad,
pero la regamos
del campo a la ciudad.
Todas las gargantas con
arena de este mar
se encontrarán
en la popular.
Und wir regen uns furchtbar
auf übers Argentinische,

düngen es es aber
überall und jederzeit.

Alle Stimmen, die zu
Argentinien gehören,
versammeln sich
auf den Stehplätzen.
Somos argentinos,
luchando contra molinos,

sangrando por un siglo,
malvendido,
mal parido,
por espejos de colores,
por payasos y traidores
que se toman todo el vino
pero nunca vacaciones
Wir sind Argentinier,
gegen Windmühlen kämpfend,

Blutend wegen eines verschleuderten,
weggeworfenen Jahrhunderts,
wegen der Illusionen,
der Clowns und Betrüger,
die sich all den Wein nehmen,
aber niemals Urlaub.
Somos todo lo que fuimos,
Lo que no pudimos ser:
El Titanic que se hundió tantas veces
y que de repente

vuelve a aparecer.
Como un chiste de argentinos,
que no lo entendí muy bien,
por si acaso igual yo me río,
para no llorar, también.
Wir sind alles, was wir waren,
das, was wir nicht sein konnten:
Die Titanic, die so oft unterging
und plötzlich dann wieder auftaucht;

wie ein Witz von Argentiniern,
den ich nicht recht verstand,
Über den ich vorsichtshalber
trotzdem gelacht hab,
um nicht zu weinen.
¿Sabés porqué?
Por la furia,
la emoción, el orgullo
y el dolor
de ser un argentino,
uno más, igual que vos
Weißt Du warum?
Wegen des Zorn,
des Gefühls, des Stolzes
und des Schmerzes,
ein Argentinier zu sein,
noch einer, genauso wie Du.
Somos de acá,
somos de acá.

Somos argentinos
sin domesticar.

Somos la soberbia,
y la chispa genial,

la bandera desteñida
de los locos sin atar.
Wir sind von hier,
wir sind von hier.
Wir sind Argentinier,
nicht zu zähmen,
Wir sind der Hochmut
und der geniale Mutterwitz,
die ausgeblichene Fahne
der absolut Bekloppten.
Somos de acá,
somos de acá.
Somos argentinos
sin domesticar
Somos una mezcla milagrosa
para bien y para mal
Somos de acá.
Wir sind von hier,
wir sind von hier.
Wir sind Argentinier,
nicht zu zähmen.
Eine wunderbare Mischung,
auf Gedeih und Verderb.
Wir sind von hier.

 

  1. Deppen []
  2. tolle Frauen []

Wo der Urin verkauft wird: Unterwegs im Elendsviertel von Monte Grande

von CHRISTOPH WESEMANN

Am Ende, nach vier Stunden in Monte Grande, bleibt ein Satz, der vieles erklärt. Der erklärt, warum das Elend nicht weicht, sondern wächst, Jahr für Jahr um zweihundert Meter, obwohl es doch immer wieder von einigen verlassen wird. Der erklärt, warum Carlito und seine Freunde in die Kapelle Medalla Milagrosa de Monte Grande kommen, wo es eine Bibliothek gibt, mit Schulbüchern sogar, Fußbälle, eine Sporthalle, eine Spielzeugkiste und heute Schokoladenkuchen. Der erklärt, warum in Buenos Aires an jeder dritten Ecke ein Polizist steht – und man hier in vier Stunden nicht einen sieht.

»Der Staat existiert nicht.«

Den Satz, der vieles erklärt, sagt ein zwölf Jahre altes Mädchen.

Monte Grande 9

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Das Elendsviertel von Monte Grande ist eines, wie es viele gibt in Argentinien. Es gibt größere Villas Miserias in Gran Buenos Aires, der Hauptstadt mit ihrem Speckgürtel, in Gran Rosario (Provinz Santa Fe) und anderswo. Vielleicht leben hier, eine halbe Stunde entfernt vom Zentrum der Metropole, ein paar Tausend. Warum sollten sie gezählt werden? Wer sollte sie zählen? Der Staat? Hilfe wird in Argentinien vor allem in der Familie gesucht und danach bei Freunden. Doch was, wenn Familie und Freunde als Problemlöser ausfallen, weil sie selbst mehr Fragen als Antworten haben?

Es ist Ferienzeit. Carlito und seine Freunde machen in der Halle Frühsport. Sie werfen und fangen Bälle, es wird getobt und gelacht. Aber da sind auch die roten Plastikhütchen auf dem Betonboden, und da ist ein Mann mit Trillerpfeife. Hütchen und Trillerpfeife, man kennt’s von Jogi Löw, bedeuten immer auch: Unterricht in Taktik und Philosophie.

Eine Regel für Besuche im Elendsviertel lautet: niemals allein hineingehen, nie ohne eine lokale Autorität, die den Leuten signalisiert, dass der Fremde bitte nicht angefasst werden darf. Rein kommt man immer…

Monte Grande 2

Monte Grande 1

Nicolás Falcone arbeitet in der Kapelle, dem einstöckigen Freizeit- und Bildungszentrum der katholischen Wohlfahrtsorganisation Cáritas. Er wird dafür sorgen, dass man auch wieder rauskommt.

Carlito laufen die Schweißperlen aus dem schwarzen Haar, als er den Raum betritt, der Büro, Bibliothek und Spielecke zugleich ist. Einer seiner Freunde liest im Biologiebuch. Auf dem Boden sitzt ein Sechsjähriger, legt Wörter aus Holzbuchstaben und baut dann Türme aus bunten Plastiksteinchen. Zum Warmwerden ein bisschen Fußball verbal. Carlito, wer ist dein Lieblingsspieler? Man kennt die Antwort schon: Natürlich, Leo Messi ist auch in Monte Grande ein Idol. Doch Carlito wählt Carlos Tévez, den Apachen. Der ist einer von ihnen: Kindheit im Schatten der Hochhäuser von Ejército de Los Andes im Großraum Buenos Aires, die Haut vernarbt von einem Unfall mit kochendem Wasser. Heute: Millionär. Und die Deutschen? Die zwei Spieler, die der 13-Jährige schätzt, sind wie überall in Argentinien Helden ohne Umlaut: Ozil und Muller.

Monte Grande

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Aufbruch. Vor der Schule Nummer 13 warten Kinder aufs Mittagessen. Noch ist das Gitter vor. Es geht vorbei an den typischen Villahütten, die über den Rohbau nicht hinausgekommen sind – von Weitem schon leuchten die unverputzten roten Steine. Es liegt Müll herum, aber es scheint eine gewisse Ordnung zu geben, und man versucht, gegen alle Unbill seine Würde zu verteidigen. Draußen wird gegraben und drinnen gewerkelt. Die vom Leben zerrupften Lumpengestalten, die durch Buenos Aires streuen – hier sind sie nicht. Wer an der Bushaltestelle steht, um in die Stadt Lomas de Zamora zu fahren, trägt, was die Herkunft versteckt. Keiner wäre draußen als Villa-Bewohner zu erkennen.

Ein paar Autos und viele Hunde sind unterwegs. Es gibt kleine Kioske mit Klingel an der Fensterscheibe. An der Straße, vor den Häusern, stehen Kanister. Urin. Literweise. Wird von Pharmaunternehmen fürs Labor gekauft. Wofür genau? Achselzucken.

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Reif wirken sie, Carlito und seine Freunde, sogar ein bisschen stolz. Niemand beklagt sein Leben. Zweieinhalb Stunden zeigen sie ihr zu Hause, ohne einmal zu murren, was vielleicht auch daran liegt, dass dieser Spaziergang heute aufregend ist. Fremde, Ausländer zumal, kommen sonst nicht hierher – und wenn doch, dann: um zu bleiben. Dieses Stück von Monte Grande ist Südamerika in Miniaturformat: Paraguayer und Peruaner, Bolivianer und Argentinier leben zusammen.

Armut wird in Argentinien über Generationen vererbt. Der Aufstieg ist schwierig – auch, weil die Unterschicht von einem stetigen Wirtschaftswachstum wie im vergangenen Jahrzehnt nach dem Fast-Bankrott von 2001/02 kaum etwas abkriegt. Im Elendsviertel von Monte Grande ist eine Familie mit vier, fünf Kindern eher Normalfall als Ausnahme – gewiss auch, weil der Nachwuchs mitunter die einzige Einnahmequelle ist. Der Staat macht nicht viel, aber Kindergeld zahlt er. Für jedes Kind gibt es umgerechnet 55 Euro. Spielzeug hat es trotzdem selten.

Manchmal arbeiten die Männer, als Fahrer, auf dem Bau oder als Cartonero, der Pappe und anderen Müll von der Straße sammelt und verkauft. Doch viele Väter haben sich, wenn sie nicht gestorben sind, irgendwann aus dem Staub gemacht, was durchaus wörtlich verstanden werden darf. Der Wind spielt mit dem Sand, und weil Straßen kaum asphaltiert oder gepflastert sind, gibt es viel davon. Zurück bleiben Mütter, alleinerziehend, fünf Kinder. Dass die Löhne steigen, bringt ihnen nichts.

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Im blauen Haus wohnt einer von Carlitos Freunden. Es riecht in diesem Teil der Straße ein bisschen nach verstopfter Kanalisation, wobei eine Kanalisation ja nur verstopfen kann, wenn es sie gibt. Die Oma hat gegenüber ihr Häuschen, an das der große Bruder für seine junge Familie angebaut hat. Er hat Arbeit. Deshalb sticht sein Anbau auch heraus und lässt Omas Hütte noch ärmlicher aussehen. »Aaabueeelaaaa!«, ruft eines der Mädchen. Oma öffnet das Tor, freut sich über den Besuch, sie verschenkt jedenfalls ein Lächeln. Die Armut hat sich bis in den Mund geschlichen. Es fehlen Zähne, viele Zähne.

An der Stubenwand hängen Familienfotos und eine Urkunde der Peronistischen Partei, die in Wahrheit eine Bewegung von links bis rechts ist, Argentinien seit Ewigkeiten beherrscht und selbst eine Orthodoxe wie die Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner erträgt. Die Urkunde bescheinigt dem Opa, ein militanter Peronist, nun ja, gewesen zu sein. Er lebt nicht mehr. Militanz ist für Peronisten eine Art Großes Verdienstkreuz, die Anerkennung für Treue und – mitunter körperliche – Hingabe. Politik wurde und wird in Argentinien immer auch auf der Straße gemacht.

Monte Grande 3

Die Diözese Lomas de Zamora der Cáritas hat einen Plan de Inclusión Educativa entwickelt. Bildung solle armen Schichten den sozialen Aufstieg und Teilhabe ermöglichen, erzählt Nicolás Falcone. »Davon hängt alles ab. Ohne Bildung keine Zukunft.« Der Plan umfasst allerlei: wirtschaftliche Hilfe, eine gemeinsame Mittagpause mit gesundem Essen, das Angebot, die Räume zum Lernen, Spielen und Reden zu nutzen, Nachhilfe, Hochschulstipendien. Im vergangenen Jahr habe man die Erwachsenen im Viertel eingeladen, Schreiben und Lesen zu lernen. »Wir waren überrascht, wie viele nicht mehr als ein paar Buchstaben kritzeln konnten«, sagt Falcone. »Sie hatten es nie gelernt. Vielleicht hatten sie gar keine Chance.«

Argentinien ist zwar stolz auf seine Alphabetisierungsrate von mehr als 97 Prozent, die höchste des Kontinents, und auf seine kostenlosen Schulen und Universitäten. Nur: Wer es sich leisten kann, schickt die Kinder auf private Schulen und Hochschulen. Und die geringe Zahl von Analphabeten verdeckt, dass viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen und deshalb auch keine Arbeit finden, die sie für zumutbar halten. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei mehr als 20 Prozent – in Deutschland sind es acht. Vielen bleibt die Straße, die schnelles Geld verspricht und nicht nach einem Zeugnis fragt. Wie in allen Villas Miserias, wird auch in Monte Grande, wenn das Licht ausgeht, gedealt. Und es gibt die Süchtigen, die nach einem halben Jahr auf der Armutsdroge Paco nur noch Zombies sind.

Monte Grande 4

Doch selbst wenn zwei von fünf Kindern in jeder Großfamilie einen Abschluss machen und das Elend verlassen, was ein großer Erfolg wäre – es blieben immer noch drei, die es nicht schaffen. Nicolás Falcone nickt. Er weiß das alles, er ist kein Träumer. Er sieht auch, dass jedes Jahr Hütten hinzukommen – zweihundert Meter neue Armut. »Manche Kinder haben fünf Klassenlehrer in einem Schuljahr«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Die Lehrer bei uns kommen und gehen.«

Trotzdem soll das Haus hinter der Kapelle Medalla Milagrosa de Monte Grande einen zweiten Stock bekommen. Die Grundmauern aus leuchtend roten Steinen stehen ja schon. Im Augenblick fehlt: Geld fürs Dach.

Carlito verabschiedet sich genauso, wie er den Fremden vor vier Stunden begrüßt hat, wie man’s macht in Argentinien, egal, wo man zu Hause ist: mit einem Kuss auf die Wange.

◊◊◊◊◊

Cáritas Lomas Zamora

Plan de Inclusión Educativa

Facebook: Emaus Lomas de Zamora

 

Das Leben der Anderen (2): Villa 31

von CHRISTOPH WESEMANN

Die Abendsonne hat geblendet, als wollte sie den Deutschen mit der Kamera erst ärgern und dann locken. Komm ruhig! Ein paar Schritte. Chico, deine Fotos werden nichts, ich blende dich doch. Hast dein Blitzlicht vergessen, che? Weiter! Ja, noch ein Stück. Es lohnt sich.

Der Stadtteil Retiro im Norden von Buenos Aires hat gleich hinter dem Bahnhof eine, ähm, Sehenswürdigkeit: Villa 31, ein Armutsviertel aus Wellblechhütten, das größte der Stadt. Einwohnerzahl: angeblich 30 000. Ich stand davor. Es hat gejuckt. Und es juckt noch immer, fast zwei Tage danach.

Nicht überall muss man allein hingehen.

Eine Parrilla (Grillstube)

Dieselbe Parrilla

Vor dem Bahnhof Retiro

Straßenmarkt

Auf dem Bahnsteig

Die Katzen auf dem heißen Wellblechdach

Durchgang zur Villa 31

Zeit zu gehen

 

Das Leben der Anderen

von CHRISTOPH WESEMANN

Die Armut in Buenos Aires ist allgegenwärtig. Sie versteckt sich nicht am Rand dieser Riesenstadt, sie versperrt den Weg, sie liegt neben dem schicken Einkaufszentrum und vor dem Obelisk, man kann sie sehen und riechen und fürchten.

Da sind diese zerlumpten Gestalten, die einem in der U-Bahn Klebebildchen aufs Knie legen, damit man ihre Hand nicht zu berühren braucht. Sie verteilen stumm ihre Bildchen im Abteil und sammeln sie dann stumm wieder ein. Manchmal werden sie ein oder zwei los. Die zerlumpten Gestalten sind Sechsjährige.

Und in den Elendsvierteln, die hier Villa Miseria heißen, auch in weiten Teilen Südamerikas, ist die Armut wohl noch unmenschlicher.

An der U-Bahn-Station Tribunales

Plaza Canadá im Stadtviertel Retiro

In der Avenida de Mayo, in der Nähe des Kongresses

Am Botanischen Garten im Viertel Palermo

Am Obelisk


Argentinische Helden

Diego Maradona, gezeichnet von Danü (c)

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Musik: Somos de acá

Steckbrief

Wir sind schnell.
Wir sind Wortmetze. Wir haben einen profunden geistes-
wissenschaftlichen Hintergrund. Wir sind böse, sexy und klug. Wir können saufen wie die Kutscher, haben Kant gelesen und nicht verstanden, aber das merkt keiner, und schlafen nie.


2012 von Christoph Wesemann in Buenos Aires gegründet. Derzeit im Exil. (Berlin)