Aua, das hat weggetan. Mein Quilmes Atlético Club ist gestern Abend heftig vermöbelt worden, ein Tor schöner, also furchtbarer als das andere. Nullfünf im Estadio Monumental, der Riesenschüssel der gallinas, der Hühner, wie River Plate und seine Fans auch genannt werden. Und weil River (→ ehemaliger Zweitligist) mal wieder argentinischer Meister ist, zum 35. Mal, gackerten 63 000 rotweiße Hühner ihre scheußlichen Lieder. Die Spieler bestiegen einen offenen Bus und drehten eine Stadionrunde.

 

River 5

River 4

River 3

River 2

River 1

Ich bin ja vor fast zwei Jahren nach Argentinien als Fan der Boca Juniors eingewandert, um dann zu festzustellen, dass der Klub viel zu groß für mich ist. Man kommt auch nicht an Eintrittskarten, jedenfalls nicht auf legalem Wege, und außerdem ist Boca total überlaufen von Ausländern, die sich argentinisch benehmen wollen. Heute bin ich Sympathisant  – und sobald es gegen River geht,  ein wieder Frischverliebter.

Gestern ist mein Herzensklub gegen den Intimfeind meines Kopfklubs untergegangen. Das führte bei mir im Stadion zum Zustand vollkommener Benommenheit – als würde mich jemand würgen, nachdem er mir reichlich Valium verabreicht hat.

Aber ich habe nicht geweint, vielleicht auch nur, weil das ringsherum schon die Hühner taten.

Außerdem war es eine herrliche Saison des Quilmes Atlético Club. Erstens: nie mehr zweite Liga, nie mehr, niemehrniemehr. Wir bleiben auch zwei Jahre nach dem Aufstieg erstklassig. Zwischendurch waren wir natürlich schon fast abgestiegen. Der erste Trainer hatte sich Mitte Oktober nach einem Heimspiel mit einem maulenden Zuschauer geprügelt und war daraufhin zurückgetreten. Sein Nachfolger verlor Spiel um Spiel. Erst unter Ricardo Caruso Lombardo, dem Peter Neururer Argentiniens, einem Sprücheklopfer und Feuerwehrmann, ging es aufwärts.

Und zweitens: die historische Nacht vom 26. April 2014, das Auswärtsspiel gegen Racing in Avellaneda. Im Stadion von Racing hatten wir noch nie gewonnen und in der Stadt Avellenada seit fast 100 Jahren (1915 gegen Independiente) nicht mehr.

Bis zu dieser Nacht.

Um 21.05 Uhr schrieb ein Huhn auf Twitter: »Schaue gerade auf Kanal 9 den Horrorfilm Racing – Quilmes.«

Und dann fiel ein Tor.

Um 22.59 Uhr schrieb ich: »Dagegen ist die Mondlandung, sorry Mr. Armstrong, ein Dreck.« Ich bin heute, 22 Tage, fünf Stunden und 33 Minuten später, noch genau dieser Meinung.

Was werden wir unseren Enkeln damit eines Tages auf die Ketten gehen!