Am 3. Juli 2012 kletterte ich mit meiner Frau und drei Kindern in ein Flugzeug, um die nächsten Jahre in Buenos Aires zu leben. In der Nacht, irgendwo über dem Atlantik, sagte ich River Plate ab und ließ mein Herz für die Mannschaft aus dem Hafenviertel schlagen. Als wir argentinischen Boden betraten und auf unsere 13 Koffer warteten, erfuhr ich, dass meine Boca Juniors am Abend das Finale der Copa Libertadores gegen Corinthians verloren hatten. Ich wusste zwar erst jetzt, dass wir so weit gekommen waren, war aber wegen der Niederlage augenblicklich zerstört. Ich wollte niedersinken und theatralisch trauern, aber dann kam das Gepäck, und wir mussten ja auch los. Juan Román Riquelme war zurückgetreten, der einzige Boca-Spieler, den ich kannte, ja, auch das noch.

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In der Ligatabelle stehen jetzt Vereine vor uns, von denen ich bis vor einem Jahr noch nie etwas gehört hatte: Lanús. All Boys. Rafaela. San Martín. Angeblich gibt es sogar einen Klub namens Godoy Cruz, und der ist auch noch Fünfter. Wir sind Drittletzter. Wenn das so weitergeht, nehme ich, bevor wir nach Deutschland zurückkehren, noch Bocas Abstieg mit.

Es scheint ein Fluch auf mir zu liegen, wahrscheinlich bekomme ich eines Tages, wie die sieben schwarzen Katzen von Independiente im Racing-Stadion, einen Abschnitt bei Wikipedia, weil sich herausgestellt hat: Meine Sippe und mich mit 13 Koffern für ein paar Jahre nach Buenos Aires zu schicken war nur ein großes Komplott von River Plate.

Mein Sohn findet Boca auch gut. Ich habe mich auf gar keine Diskussion eingelassen, ich werde noch früh genug jeden Einfluss auf ihn verlieren, er lässt sich ja schon jetzt wenig von mir sagen, was seine Mutter übrigens überhaupt nicht schlimm findet.

Ich will es als Fußballphilosoph nicht übertreiben, aber es ist doch so: Ich habe es meinem Sohn leicht machen wollen. Boca ist ein Erfolgsklub: 24 Meisterschaften, nur ein Verein hat mehr, und es spielt gar keine Rolle, welcher. Die meisten Spiele im Leben gehen aber nun einmal verloren. Man will immer gewinnen, und meistens verliert man. Vieles ist Kampf und Krampf. Man lauert auf Großchancen, um sie dann zu vergeben. Und wer nie ausgewechselt worden ist, obwohl es gerade ziemlich gut lief, hat Entscheidendes verpasst: die Hoffnungslosigkeit, die Reha fürs kranke Herz und das Comeback.

 

Nun habe ich mit meinem Sohn einen anderen Verein besucht und darüber eine Kolumne geschrieben, als Gastbeitrag für das wunderbare Blog Argifutbol – Argentinischer Fußball auf Deutsch. Darauf wollte ich hinaus – und außerdem die übrig gebliebenen Textreste weiterreichen, man soll ja nichts verkommen lassen.

Ein Lausbub bei den Bierbrauern von Quilmes

Seit mein Sohn bei den Cerveceros gewesen ist, hat er Läuse. Wegen der angedeuteten Kausalität zwischen der Cancha von Quilmes und dem Kopfkratzen des siebenjährigen Kolumnistenkindes könnten mich die Bierbrauer aus der kleinen Stadt im Speckgürtel von Buenos Aires locker verklagen. Ich habe nämlich keine Beweise, ich kann nur sagen: am Abend Estadio Centenario, am Morgen Pediculus humanus capitis.

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Danü hat wieder zwei zauberhafte Bilder gemalt – eins zeige ich hier. Wir trafen nämlich die Katzenfresser aus Rosario.

Katze

Eine tolle Dokumentation mit deutschem Untertitel gibt es über den Quilmes Atlético Club und seine Fans übrigens auch.