Ich bin erst zwei Tage allein mit den drei Kindern, das ist noch nicht einmal Halbzeit. Aber zum Glück habe ich alle im Griff.

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In der Küche, wo ich abwasche, erreichen mich Schreie aus dem Wohnzimmer. Ich klappere ein bisschen mehr mit dem Geschirr, vielleicht hilft das ja. Nein, die Schreie werden lauter, ich identifiziere: die Stimmbänder der fast Vierjährigen.

»He! Was ist da los?«

»Papa, er haut mich.«

Kurzes Nachdenken. Selbstgespräche ohne Ton. Ich sollte endlich etwas essen, oder? – Aber du wäschst doch gerade ab. – Trotzdem. Ich habe Hunger. – Ist sowieso nichts da. – Sag das doch gleich.

»Hau zurück.«

Der Kampf geht über mehrere Runden. Kein eindeutiger Sieger.

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Der Siebenjährige hat im Deutschunterricht am Internationalen Tag des Buches (23. April) ein Schwein basteln müssen. (Nein, was ein Schwein damit zu tun hat, kann ich nicht erklären. Ich wüsste es aber auch gern.) Ich lasse mir das Arbeitsheftchen zeigen.

Titelblatt: »Wir malen ein Schwein.«

Seite 2: »Wir malen drei Kreise auf das Blatt.«

Seite 3: »Dann malen wir vier Punkte.«

Die Aufgaben mögen für Zweitklässler etwas sehr leicht wirken, aber es sind ja argentinische Zweitklässler, die Deutsch lernen. Ich nehme zum Beispiel an, dass bei mir – wären das spanische Sätze – am Ende eine Giraffe herauskäme. Oder ein Nashorn.

Seite 4: »Wir malen zwei Dreiecke.«

Seite 5: »Und nun malen wir zwei Vierecke.«

Seite 6: »Am Ende malen wir einen Kringel.«

Rückseite: »Jetzt basteln wir zusammen ein buntes Schwein!«

Das Sohnschwein heißt Lloyd und sieht so aus:

Boca Schwein

Lloyd trägt das Trikot der Boca Juniors, ganz eindeutig. Sein Verein. Mein Verein. Unser Verein. Sogar an den Trikotsponsor hat mein Sohn gedacht. Aber Schwein bleibt Schwein. Ich weiß nicht, ob das bei dem Burschen was Harmloses ist – vielleicht Unterbelichtung im Oberstübchen – oder eher was Dramatisches: Vereinswechsel.

 

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Die Rothaarige ist fasziniert von den chinesischen Winkekatzen, die in vielen Schaufenstern stehen, es gibt ja auch viele Chinesen. Manchmal schauen wir minutenlang zu, wie die kleinen Goldviecher hinter der Scheibe den Arm auf und ab bewegen. Man trifft in Buenos Aires eigentlich keine Katzen, vielleicht wegen der vielen Chinesen. Hunde gibt es allerdings genug.

Wenn wir weitergehen, frage ich: »Macht die Katze miau

Die Rothaarige schüttelt den Kopf, sagt »no«, ballt die Faust und winkt mit dem Arm.