Wenn die Newell’s Old Boys aus Rosario Ende Juli die Copa Libertadores gewinnen sollten und dann im Weltpokalfinale in Tokio1 Marokko gegen die Bayern spielen, werde ich Pep Guardiola anrufen und mich als Informant auf Honorarbasis (steuerfrei) anbieten. Ich habe die Truppe aus der Provinz Santa Fe jetzt zweimal live gesehen und kann das Spiel der so genannten »Katzenfresser« lesen. Pep lernt natürlich deutsch, aber um sicher zu gehen, dass er meine Anweisungen zum horizentalen Pressing mit gleichzeitiger Vertikalverschiebung auch kapiert, werden wir in seiner Sprache reden. Ich hoffe nur, dass er mit seinem Gelehrtenspanisch mein eher volkstümliches Argentinisch mit starkem Buenos-Aires-Akzent auch versteht.

Diesmal hatten es die Newell’s Old Boys, der Tabellenführer der ersten Liga, auch Ñuls genannt, übrigens mit dem Hauptstadtklub All Boys aus dem Viertel Floresta zu tun. Montagabendspiel. Feierabendverkehr. Verstopfte Hauptstraßen. Gesperrte Nebenstraßen. Rauchende Polizisten am Rand. Ein paar hundert Meter vorm Ziel soll aus den drei Spuren, die aber benutzt werden, als wären es fünf, nun eine Spur werden. Der Taxifahrer ganz links lässt mal kurz die Hupe los, macht die Scheibe runter und zeigt mit dem Finger Gesprächsbedarf an. Was ist denn los? Er gibt alles: eine halbe Minute feinster Schimpfwörter und Flüche, alles Hurensöhne, Trottel, scheiß Baustelle, hörst du, die F**** deiner Schwester, die Hure, die mich geboren hat, sollen mir doch alle einen blasen, diese Idioten.

Recht hast du, mein Freund, danke fürs Gespräch.

»Hast du das gehört?«

»Jedes Wort, Papa.«

Aber wo müssen wir überhaupt hin? Fragen wir doch den jungen Mann im All-Boys-Trikot nach dem Weg zum Estadio Islas Malvinas. Der kommt gleich mit einer Gegenfrage. »Willst du zum Eingang von Ñuls?«

»Hey, ich ess‘ doch keine Katzen!«

Großes Hahaha.

Klar, wenn man sich als Fan der Heimmannschaft ausgibt, sollte man vielleicht das Stadion auf Anhieb finden. Andererseits: Fassungsvermögen 21 000. Das ist keine Cancha, das ist eine Canchita, die man durchaus mal übersehen darf.

Am Ende steht ein 2:1-Sieg der Hauptstadt über die Provinz. Und der Siebenjährige nutzt die Chance zum Triumphieren, beschimpft aus voller Kehle die abrückenden Gäste als »hiiiijos de puuuuutaaa« – und bekommt Szenenapplaus.

  1. Da verlasse ich mich mal wieder auf Lebenserfahrung (wie immer Tokio, wo denn sonst) und bekomme gleich eine dezente Kurznachricht mit Link von Leser Wacho_Chorro: »Morsche, zieh Deinen Bericht zurück. Dicker Fehler drin.« []